Armer Geschlechtsakt

(schwer)
Was hat uns eigentlich der Geschlechtsakt getan, dass wir ihn so schäbig behandeln?
Was hat der Geschlechtsakt, dieser so natürliche, nützliche, ja notwendige Vorgang, den Menschen eigentlich angetan, daß sie nicht ohne Scham davon zu reden wagen und ihn aus den ernsthaften und sittsamen Gesprächen verbannen? Wir haben keinerlei Hemmung, die Worte töten, rauben und verraten offen auszusprechen – und da sollen wir uns dieses bloß zwischen den Zähnen zu murmeln getraun?
Montaigne
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Kommentar

Jeden Samstagabend um 23 Uhr beginnt die „Lange Nacht“ im Deutschlandfunk, in der drei Stunden lang Themen behandelt werden, die am besten in lange Nächte passen. Aus der „Langen Nacht“ vom 21.10.2018 stammt dieses Zitat von Montaigne, das man ansonsten nicht zu kommentieren braucht. Nur so viel, dass vor dem unübertrefflichen Montaigne niemand auf den Gedanken gekommen wäre, Mitleid mit dem Geschlechtsakt zu haben. Ein Grund, sich näher mit ihm (mit Montaigne) zu befassen. Als Einstieg die „Lange Nacht“ : Manuskript.

Montaigne präsentiert noch eine originelle These zu den Ursachen:
„Meinen wir gar, wir hätten, je weniger Worte wir darüber machen, ein um so größeres Recht, mit unseren Gedanken ständig darin zu schwelgen?“

Wenig darüber reden, umso mehr daran denken ...
16. Jhd.

Autor und Werk

Michel de Montaigne, 1533-1592

Verben

antun reden wagen verbannen murmeln schwelgen
20180907


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